Da ein Schuss und hier ein Klick.
Dort ein Blitzer und jetzt noch ein Shot.
Wenn du die Augen richtig offen lässt, gibt es unzählige Motive und die Zeit vergeht wie im Flug.
Du tauchst völlig ab in den Moment und richtest deinen vollen Fokus auf das zu entstehende Bild.
So zumindest geht es mir.
Das Fotografieren in der Natur ist eine der sehr wenigen Tätigkeiten, bei denen mein Kopf einigermassen frei ist.
Frei vom Alltag, frei von irgendwelchen Gedanken, frei von «Oh, ich sollte noch und das war doch» und frei von der Erinnerung an den Schmerz.
Fotografieren ist meditativ und geprägt von Achtsamkeit. Genau das, was mir zur Zeit sehr wichtig ist und gut tut.
Wenn du von chronischen Schmerzen begleitet wirst, hast du genau zwei Möglichkeiten:
Entweder du entwickelst ein so starkes Selbstmitleid, dass du bald darin schwimmst und irgendwann darin zu ertrinken drohst,
oder
du anerkennst es als eine Herausforderung und findest deine persönliche Performance, um auch Chancen darin zu erkennen, die dir sonst vielleicht gar nicht erst aufgefallen wären.
Wenn du zur ersteren Sorte gehörst, wird dich dieser Beitrag nicht sonderlich weiterbringen, ich verkaufe keine Schwimmflügel und Rettungsreifen. Viel lieber möchte ich dir einen persönlichen Einblick gewähren, wie das Fotografieren unterstützend wirken kann.
Wenn du zur zweiten Sorte gehörst, kann ich dich damit vielleicht zu etwas Neuem inspirieren oder motivieren. Es auszuprobieren ist es auf jeden Fall wert. Du brauchst dir jetzt auch nicht eine Profiausrüstung anzulegen. Eine Kompaktkamera oder das Smartphone sind ebenfalls eine coole Begleitung. Obwohl ich persönlich das Smartphone nicht bevorzugen würde. Die Versuchung auf das Checken von Nachrichten, Social Media und weiteren Apps ist zu gross. Der Effekt, den wir mit dem Fotografieren erreichen wollen, geht dann verloren. Dein Kopf und deine innere Ruhe werden es dir danken, wenn du das Smartphone für diese eine Stunde, gerne auch mehr, Zuhause lässt.
Ich mag mich noch daran erinnern, wie ich meine erste Kamera geschenkt bekommen habe. Das war so eine mit Film von Fisher Price, so eine Kinderkamera halt. (Houly, bin ich dankbar, ein 90er Kind zu sein). Stundenlang verbrachte ich damit, irgendwelchen Kram mit dieser Kamera zu fotografieren und sämtliche Filme zu füllen. Ich war in meiner kleinen, sorglosen, kreativen Welt. Irgendwann war ich dann soweit und erhielt eine Digitalkamera, mit der ich mich auf die genau gleiche Weise ins Abenteuer stürzte. Als Teenager dann, geriet das Fotografieren irgendwie in Vergessenheit und ich beschäftigte mich mit vielen anderen Dingen.
Erst als ich mir letztes Jahr meine erste Spiegelreflexkamera (ich nenne sie meine Bloggerkamera) gekauft und eine Fototour gemacht habe, kamen die Erinnerungen der Kindheit wieder hoch und ich fühlte die Emotionen, die ich damals hatte. Einen Moment blieb ich stehen und es spielte sich ein Film ab. Ich als erwachsene Frau stand da und beobachtete, wie ich als Kind draussen in unserem Garten alles erdenkliche was mir zwischen die Finger kam fotografierte. Völlig bedenkenlos. Völlig schmerzlos. Abgetaucht in diesen einen Moment. Da wurde mir bewusst, dass ich das in mir drin hatte. Ich musste es nur wieder aufleben lassen. Dass ich in diesem Moment, starke Kopfschmerzen hatte, geriet komplett in den Hintergrund. Dieser Moment war der Startschuss, für die regelmässigen Fototouren, die ich seither mache.
Ich stelle also sicher, dass der Akku voll ist, packe die Kamera in die Tasche, nehme bei Bedarf das Stativ mit und marschiere los. Meistens in den Wald oder ans Wasser. Schon nach wenigen Minuten merke ich, wie meine Aufmerksamkeit immer mehr den potenziellen Motiven gewidmet wird und ich mir viel mehr Gedanken darüber mache, wie der nächste Schuss aussehen soll, als was ich Zuhause oder auf der Arbeit noch alles zu erledigen habe. Und genau das meine ich mit der Achtsamkeit. Du achtest dich auf Dinge, die dir sonst nicht auffallen. Du nimmst Blätter, Tierchen, Äste, Bäume, Blumen, Pilze wahr, die du sonst niemals gesehen hättest. Du siehst die Natur aus einem komplett anderen Blickwinkel und erkennst Potenziale, die dir sonst verborgen bleiben. Du gehst automatisch langsamer und bewusster durch die Gegend. Mit jedem Schritt den du tust, schreitest du tiefer in den jetztigen Moment.
Das Gewahrsein im Moment. Das ist Achtsamkeit.
Wenn du dich für ein Motiv entschieden hast, gilt es, dieses in richtige Licht zu rücken und das Bild in den Kasten zu bringen. Du richtest deinen Fokus jetzt auf dieses kleine Ding. Jetzt befindest du dich im Tunnel und deine volle Konzentration gilt dem Bild. Was um dich geschieht, nimmst du nicht mehr wirklich wahr. Alles was für dich jetzt gerade zählt, ist das Bild und der Weg dorthin. Alltagsgedanken haben in diesen Sekunden keine Chance in den Vordergrund zu treten. Sie mögen zwar da sein, aber du bestimmst die Priorität. Auch der Brummschädel mag da sein aber deine Konzentration ist jetzt auf das Shooten gerichtet und lässt den Schmerz in den Hintergrund treten. Konzentration, Bewusstsein, Fokus – das ist meditativ.
Ich sehe das Fotografieren also auch als eine Art Meditation an. Es ist nicht einfach nur ein Klicken. Es ist ein Zustand vollen Bewusstseins und voller Konzentration auf das, was vor deinen Füssen liegt und auf das, was jetzt gerade in diesem Moment passiert. Und nicht, was wohl noch alles passieren könnte, oder was du heute hättest anders machen können, oder wieso du jetzt wohl wieder den gleichen Fehler gemacht hast, oder weshalb dein Kollege und du wieder aneinander geraten sind, oder wieso verdammt nochmal dein Schädel jetzt wieder brummt.
Fazit:
Probiere es am besten selbst aus, wenn du jetzt noch zweifelst. Aber das Fotografieren in der Natur gibt dir die Möglichkeit, für einige Zeit den Schmerz in den Hintergrund zu stellen und definitiv zu entspannen. Du wirst achtsamer, bewusster, und schulst dein Auge für das Detail. Wenn du dich komplett darauf einlässt, gerätst du in einen meditativen Zustand und fokussierst dich auf den Moment und nicht darauf, was dir noch weh tun könnte, oder was nicht gut ist.
Für mich geht es beim Fotografieren nicht darum, perfekte Bilder zu schiessen. Ich bin keine Fotografin. Das überlasse ich den Profis. Von denen gibt`s genug. Vielmehr geht es für mich beim Fotografieren darum, für ein- bis zwei Stunden vom Alltag abzutauchen, dem Schmerz die Aufmerksamkeit zu nehmen und ein weiteres Instrument zu besitzen, um etwas für mich und meinem Wohlergehen zu tun. Es geschieht in der Natur, an der frischen Luft. Der Kopf wird ausgelüftet und ich komme mit neuen Bildern im Kasten nach Hause, die ich im besten Fall für den Blog weiterverwenden kann. Ich komme mit einem entspannteren Zustand zurück als ich gegangen bin und verbrachte Zeit mit mir selbst.
Perform now, change forever!
Hallo Lana
Das ist wieder ein ganz toller Artikel! Es freut mich sehr, dass du erneut eine Möglichkeit gefunden hast, deinen Brummschädel zu überlisten. Die Achtsamkeit für Natur und ihre schöne Welt kommt meist erst, wenn man älter ist. Dass du das schon entdeckt hast, ist ein grosses Geschenk an dich selber, bravo!
Weiter so, ich freue mich schon auf schöne Bilder und wünsche dir alles Liebe und Gute und viel Achtsamkeit.
Herzliche Grüsse, Wianca
Liebe Wianca
Vielen herzlichen Dank für deine lieben Worte.
Auch dir wünsche ich weiterhin von Herzen alles Gute, viele wunderbare Momente in der Natur und viel Achtsamkeit für die Dinge, an denen du dich täglich erfreuen kannst 🙂
Weiterhin viel Freude beim Durchstöbern des Blogs und liebe Grüsse
Lana